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Im Schatten der alten Eiche: Wenn drei Männer säen wie ihre Großväter

Im Schatten der alten Eiche: Wenn drei Männer säen wie ihre Großväter

Im sanften Licht eines frühlingswarmen Nachmittags, am Rand eines Feldes zwischen Troglau und Kastl, spielen sich Szenen ab, wie sie einst zum Alltag jedes Landwirts gehörten. Es ist kein gewöhnlicher Acker, kein gewöhnlicher Tag und schon gar keine gewöhnliche Arbeit, die hier verrichtet wird: Roland Dimper, Manfred Dimper und Stephan Minnich säen Getreide – mit der Hand. Ganz wie früher. Ganz wie es ihre Väter und Großväter taten.

Neben ihnen ragt eine alte Eiche in den Himmel, deren Stamm seit Jahrhunderten Wind und Wetter trotzt. Von hier aus sieht man den Kastler Berg, den Hessenreuther Wald, die silbrig schimmernde Haidenaab – und in der Ferne den ehrwürdigen Rauhen Kulm. Eine Szenerie, wie gemalt für ein Heimatbild – oder einen historischen Erntedankzug. Und genau dafür ist sie gedacht.

Ein Erntedankzug, der Geschichte lebendig macht

Am 14. September 2025 wird in Kastl wieder der historische Erntedankzug gefeiert. Eine der größten Veranstaltungen der Region, mit über 60 Gruppen, Tausenden Besuchern – und mit gelebter Geschichte. Hier wird gezeigt, wie das Leben und Arbeiten auf dem Land früher aussah: Mist fahren, pflügen, eggen, säen, ernten – mit einfachen Mitteln, viel Schweiß und noch mehr Ausdauer.

„Wir wollen zeigen, wie’s wirklich war. Nicht wie im Heimatfilm, sondern so, wie’s unsere Großväter gemacht haben“, sagt Roland Dimper, der letzte Vollerwerbsbauer im Ort mit klassischer Milchviehhaltung. Und so nimmt er sich mit Manfred Dimper und dem „Neubürger“ Stephan Minnich ein Stück Feld vor – und macht es wie früher.

Handarbeit statt Hightech: Wie das Säen mit der Hand funktioniert

Der Acker ist vorbereitet, die Erde krümelig, die Sonne steht hoch. Stephan Minnich, Vater von fünf Töchtern und von Beruf eigentlich im Textil-Außendienst tätig, bindet sich das Sätuch um. Es ist ein Leinentuch, das mit zwei Zipfeln unter dem rechten Arm hindurch über der linken Schulter verknotet wird. So bleibt der rechte Arm frei, die linke Hand hält das Tuch zu einem Beutel gerafft. Für den gelernten Einzelhandelskaufmann war der Tag eine ganz besondere Erfahrung. „Ich hab mir das ehrlich gesagt leichter vorgestellt“, sagt er lachend, während er mit konzentrierter Miene Körner über den Acker streut. „Das schaut immer so einfach aus. Aber bis man raus hat, wie man gleichmäßig streut, vergehen ein paar Würfe.“

Der Samen wird breitwürfig ausgestreut – in gleichmäßigen Bögen, vom Körper weg. „Wenn’s gut gemacht ist“, so Manfred Dimper, „dann schaut’s am Ende aus wie mit der Maschine gesät. Wenn’s schlecht gemacht ist, dann sagen die Alten im Dorf: Da kann man die Würfe einzeln zählen.“

„Wichtig war das Maß“, ergänzt Roland Dimper. „Nicht zu dicht, nicht zu dünn. Man hat sich das Streubild genau gemerkt. Wer's nicht konnte, hat am Ende kahle Stellen, wo das Unkraut überhandnahm.“ In der Zeit vor der Sämaschine war deshalb viel Erfahrung nötig. Das Saatgut wurde oft noch selbst gereinigt – durch „Worfeln“, „Fegen“ oder mit einer „Windfege“. „Der Wind hat’s gerichtet“, schmunzelt Manfred Dimper. „Wer das konnte, konnte aus einem Haufen Körner genau die besten raussortieren.“

Vom Handwerk zur Hochleistung – ein Acker im Wandel

Der Acker, auf dem gesät wurde, hat insgesamt mehrere Hektar. Roland Dimper zeigt auf die Fläche und meint: „Die Leute damals, wären für so eine Fläche mehrere Tage beschäftigt gewesen.“ Mit moderner Technik sei das heute eine Sache von wenigen Stunden. „Mit dem Fendt bin ich in einem halben Tag durch – früher war das ein Knochenjob für eine ganze Hofgemeinschaft.“ Dabei sei zu bedenken, dass viele Bauern früher gar keine so große zusammenhängenden Flächen hatten. „Vor der Flurbereinigung hatte kaum jemand mehr als ein paar Tagwerk am Stück. Nur die Güter wie in Wolframshof hatten große Schläge – aber auch Knechte, Mägde und Tagelöhner, die das bewältigen konnten.“

Die Mühsal zwischen Stallarbeit und Wetterumschwung

Beim Bier unter der alten Eiche wird es nachdenklich. „Wenn man sich überlegt, wie früher die Arbeit auf dem Feld zwischen der Stallarbeit am Morgen und Abend reingequetscht werden musste – das war Wahnsinn“, sagt Manfred Dimper. Und Roland ergänzt: „Die Alten hatten das Wetter besser im Blick als unser Wetterbericht heute. Die wussten ohne App, ob’s bald regnet.“

Besonders zu kämpfen hatten die Bauern mit dem schweren, steinreichen Lehmboden der Region. „Das sind richtig harte Böden“, sagt Roland Dimper. „Mein großer Fendt-Traktor hat an manchen Stellen zu kämpfen, den Boden zu durchpflügen. Ich bin dazu übergegangen, dort Ackergras anzusäen – das ist einfach kosteneffizienter.“ Was das früher bedeutet haben muss, kann er sich gut vorstellen: „Mit Ochs und hölzernem Pflug – das war Knochenarbeit.“

Und dann waren da noch die Steine: „Jedes Jahr mussten wir als Kinder beim Steine abklauben helfen. Und sie werden bis heute nicht weniger. Wennst meinst, jetzt sind endlich alle weg, sind nächstes Jahr wieder welche da…“, so Roland kopfschüttelnd. Alle lachen – und wissen gleichzeitig, wie viel Wahrheit in diesen Worten steckt.

Ein Gespräch im Schatten der Eiche

Und so werden weitere Erinnerungen wach, von dem was die Alten alles wussten. „Unser Vater hat noch mit Kühen gepflügt“, erzählt Roland Dimper. „Der hat uns erzählt, wie sie im Winter den Mist mit dem Ochsenschlitten rausgefahren haben, auf Haufen, damit’s im Frühjahr schneller geht.“ Die Geschichten fließen – über Kraut und Rüben, über Roggen und Ackerwinde, über Quecken, Wetterumschwünge und alles, was das Leben auf dem Land früher beschwerlich machte.

Von der Pflicht zur Freude: Warum das Mitmachen zählt

Für viele der Alteingesessenen in der Pfarrei Kastl ist es eine Selbstverständlichkeit, beim Erntedankzug mitzumachen. Schon die Väter waren dabei, nach dem Krieg auch schon die Großväter. Doch besonders freut man sich, wenn „Neubürger“ wie Stephan Minnich bereit sind, sich mit Herzblut einzubringen. „Ich bin vor ein paar Jahren wegen meiner Frau nach Kastl gezogen“, erzählt er. „Und wenn man hier dazugehört, dann macht man eben mit. Außerdem war das heute eine Erfahrung, die ich so schnell nicht vergess.“

Ein Blick zurück – und nach vorn

Was heute als Reenactment erscheint, war einst die mühsame Wirklichkeit. Die Dreifelderwirtschaft war passé, Fruchtfolgen überlegter, die Mechanisierung zwar im Kommen, aber teuer. Viele Bauern säten bis weit nach dem Krieg noch mit der Hand, weil Sämaschinen zu kostspielig waren. Und die Pflege der Saat war mühsam, voller Widrigkeiten – und doch Teil eines Kreislaufs, der das Leben auf dem Land bestimmte. „Wenn du mit der Hand gesät hast“, sagt Roland Dimper, „dann hast du das Feld gekannt. Jeden Stein, jede Senke. Jeden Ranger. Du hast gewusst, wie’s wächst. Da warst du näher dran.“

Ein Feld, ein Tag, ein Stück Heimat

Es ist mehr als nur ein Feld, das hier zwischen Troglau und Kastl liegt. Es ist ein Ort der Erinnerung, ein Platz, an dem sich für kurze Zeit Vergangenheit und Gegenwart treffen. Die Szene unter der Eiche, das gesäte Feld, der Blick in die Weite – all das wird sich wiederfinden, wenn der Festzug mit Gespannen, Pflug, Mistwagen, Säern und allerlei Gesinde mit Werkzeugen, Erntekörben und viel guter Laune durch Kastl zieht. Und es ist der Anfang einer weiteren Geschichte, die am 14. September 2025 ihren Höhepunkt findet, wenn nach 15 Jahren wieder der historische Erntedankzug stattfindet: So war’s früher. So ist’s heute. So bleibt’s in Erinnerung.

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