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Im Schatten des Schlosses

Im Schatten des Schlosses

Überall in der Gemeinde Kastl herrscht in diesen Tagen Hochbetrieb. In den Scheunen, auf den Höfen und in den Werkstätten wird gehämmert, gezimmert, gebunden und geschmückt. Die Dorfgemeinschaften und Vereine bereiten ihre Motivwägen für den großen historischen Erntedankzug am Sonntag, 14. September 2025 vor. Ziel ist es, ein authentisches Bild vom Leben auf dem Land früherer Zeiten zu zeigen. Auch in Wolframshof laufen die Arbeiten bereits seit Wochen auf Hochtouren.

Kleine Ortschaft, großer Zusammenhalt

Wolframshof gehört zu den kleineren Dörfern in der Gemeinde, doch wenn es um Gemeinschaft geht, ist man hier groß. Das Engagement für den Erntedankzug ist beeindruckend. „Bei uns ziehen wirklich alle an einem Strang. Das macht Freude und schweißt zusammen“, sagen die Mitwirkenden.

Kleintiere als Hauptthema

Der Festwagen aus Wolframshof widmet sich in diesem Jahr traditionell wieder einem oft übersehenen, aber unverzichtbaren Thema: den Kleintieren eines bäuerlichen Anwesens. Ziegen, Hühner, Gänse, Enten, Tauben und Hasen gehörten selbstverständlich zum Alltag der Kleinhäusler und Tagelöhner. Besonders die Ziege – im Volksmund „Kuh des kleinen Mannes“ genannt – war überlebenswichtig. Sie lieferte Milch, auch wenn die Futterbeschaffung mühsam war. Mit Sichel und Sense, Handwagen oder gar von den Wegrändern und Gräben wurde Gras gesammelt. Bedürftige erhielten dafür sogar Berechtigungskarten von der Gemeinde.

Auf dem Wolframshofer Wagen wird nicht nur die Ziege gewürdigt, sondern auch die Verarbeitung der Milch dargestellt. Dass ein Tier starb oder Hühner keine Eier mehr legten, war für die Menschen damals ein harter Schlag. Beim Festumzug dürfen die Besucher sogar Ziegenmilch probieren – nur eine echte Ziege wird in diesem Jahr aus organisatorischen Gründen nicht mitziehen.

Vorbereitungen im „Neuen Schloss“

Die Arbeiten am Wagen finden auf dem Anwesen von Walter Seltmann in Wolframshof statt, dass viele Ältere noch als „Neues Schloss“ kennen. Dort, wo heute Ruhe, alte Bäume, ein Garten und die Natur den Ton angeben, versammeln sich die zahlreichen Helfer, um den Wagen zu bauen. Gemeinsam mit Roland Bodner, Rudi Kukla und vielen weiteren Freiwilligen wird hier die Tradition lebendig gehalten.

In die Kulisse eingebettet ist auch ein Stück uralter Geschichte: Einer der beiden „Bonifatiussteine“ ist in einer Mauer des Anwesens eingelassen. Diese über 1000 Jahre alten Steine waren wohl einst Grabplatten angesehener Persönlichkeiten und später Portalsteine der Wolfgangskapelle auf dem Kastler Friedhof.

Wolframshof – älteste Ortschaft der Gemeinde

Historisch nimmt Wolframshof eine besondere Stellung ein. Bereits 1054 wird der Ort urkundlich erwähnt, als Kaiser Heinrich III. den nahegelegenen Lindenhof unweit der „Villa Wolframeshof“ an einen Hartwich verschenkte. Damit ist Wolframshof die älteste namentlich bekannte Siedlung der Gemeinde Kastl. Strategisch lag der Ort zwischen den Burgen am Rauhen Kulm und am Waldecker Schlossberg. Fachleute vermuten, dass sich vor dem Schloss hier sogar eine Motte, also eine frühe Turmhügelburg, befand, so wie man sie heute rekonstruiert im Geschichtspark in Bärnau findet.

Bescheidene Lebensumstände im Schatten des Schlosses

Während die Schlossbesitzer über großen Grundbesitz verfügten, blieben den einfachen Leuten nur kleine Häuser und bescheidene Lebensverhältnisse. Das tägliche Brot wurde als Tagelöhner beim Schlossherrn verdient. Wohlstand war selten, Bescheidenheit Pflicht.

Das Schloss Wolframshof hat eine wechselvolle Geschichte. Familien wie Ochs und Sparnberger, die sich für den Bau der Kastler Pfarrkirche St. Margaretha einsetzten, prägten die frühe Zeit. Später erwarb die Familie von Lindenfels das Anwesen und behielt es rund 250 Jahre. Hier wurde unter anderem Maximilian Alexander Freiherr von Feilitzsch, bayerischer Staatsminister, im Jahr 1913 beigesetzt.

Heute: Dorfidyll am Fuße des Rauhen Kulms

Trotz aller Veränderungen hat sich Wolframshof bis heute seinen dörflichen Charme bewahrt. Inmitten herrlicher Landschaft, umgeben von Ruhe und Natur, lebt es sich beschaulich an der Haidenaab. Besonders deshalb ist es den Bewohnern ein Anliegen, beim historischen Erntedankzug die Kleintiere ins Bewusstsein zu rücken – als Erinnerung daran, dass es früher nicht selbstverständlich war, alle Mäuler zu stopfen, auch wenn wenige Meter entfernt die Herrschaften im Schloss residierten.

Geschichte ist mehr als süffiges Bier 

Der 14. September ist ein besonderer Tag: Es findet der „Tag des offenen Denkmals“ statt. Doch wer an diesem Tag nach Kastl kommt, erlebt zusätzlich Geschichte zum Anfassen – beim historischen Erntedankzug mit über 700 Darstellern im Festumzug, mehr als 60 Motivwägen, Traktoren und zahlreichen historischen Szenen.

Geschichte ist mehr als nur süffiges Bier aus Kommunbrauhäusern. Geschichte ist das Fundament, das unsere Region, unsere Dörfer und unsere Mentalität geprägt hat. Ein kühles Bier bekommt man vielerorts – aber solch ein eindrucksvolles Geschichtsereignis wie in Kastl gibt es nur alle zehn bis 15 Jahre. Wer also ein echtes Stück bayerischer und regionaler Vergangenheit erleben will, sollte sich den 14. September 2025 unbedingt vormerken.

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