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Mit Muskelkraft gegen die Flammen

Mit Muskelkraft gegen die Flammen

Am 14. September 2025 haben Besucher des historischen Erntedankzuges in Kastl die seltene Gelegenheit, eine Feuerwehr so zu erleben, wie sie vor über 100 Jahren ausgerückt ist. Die Freiwillige Feuerwehr Löschwitz tritt mit einer historischen Handdruckspritze an – einem Gerät, das damals das wichtigste Hilfsmittel im Kampf gegen das Feuer war. „Es ist faszinierend, wie unsere Vorgänger unter härtesten Bedingungen gearbeitet haben. Für uns heute fast unvorstellbar, dass man mit reiner Muskelkraft stundenlang pumpen musste, um den Flammen standzuhalten“, sagt Erwin Lothes, einer der Organisatoren der historischen Truppe.

Fünf Feuerwehren, ein gemeinsames Motto

Seit fast 150 Jahren sind die Feuerwehren fester Bestandteil des Lebens in der Pfarrei Kastl. Unter dem Leitspruch „Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr“ gründeten sich die Wehren in Löschwitz, Kastl, Unterbruck, Reuth und Hessenreuth. Bis vor rund 50 Jahren existierte zudem die Feuerwehr Wolframshof-Weha, die später in Kastl aufging. Ob damals mit Handdruckspritze oder heute mit moderner Technik – die Aufgaben sind geblieben: Retten, Löschen, Bergen, Schützen. „Dieser Grundsatz eint uns bis heute“, erklärte Vorsitzende Theresa Frank.

Alte Technik, junge Muskeln

Für den Festumzug haben die Löschwitzer Feuerwehrmänner eine alte Handdruckspritze der Feuerwehr Guttenberg erhalten. Historische Uniformen und ein Signalhorn wurden von den Kameraden aus Ahornberg und Burgweinting beigesteuert. Doch bevor die Ausrüstung beim Umzug zum Einsatz kommt, hieß es: üben. „Man merkt sofort, wie anstrengend das Pumpen ist. Nach wenigen Minuten brennen die Arme“, erzählt Thorsten Lothes, „aber es macht auch großen Spaß, ein Stück Geschichte lebendig werden zu lassen.“

Hilfe zur Selbsthilfe

In Zeiten ohne Motorpumpen, Atemschutz oder moderne Schutzkleidung war die Feuerwehr vor allem eines: eine Gemeinschaft, die sich selbst half. Die Männer der Dörfer zogen bei Alarm die Spritze aus dem Feuerwehrhaus, rannten zur Brandstelle – und pumpten, oft stundenlang. Die Arbeit war gefährlich und kräfteraubend. Doch sie rettete Menschenleben und verhinderte Schlimmeres. „Wir wollen den Besuchern zeigen, wie hoch der Einsatz unserer Vorfahren war“, so Lothes weiter.

Tragödien und Heldentaten – Brände in alten Zeitungen

Ein Blick in die alten Ausgaben der Kemnather Zeitung für Kastl und Umgebung zeigt, wie allgegenwärtig das Feuer früher war. Kaum ein Jahr verging ohne größere Schadensfälle, und fast immer stand das gesamte Hab und Gut einer Familie auf dem Spiel. Die Feuerwehr war oft die einzige Rettung – wenn auch mit bescheidenen Mitteln.

Am 18. September 1918 brannte in Löschwitz der Stadel des Gütlers Johann Braun nieder. Mittags um zwölf, als viele Männer auf den Feldern waren, schlugen plötzlich die Flammen empor. Nur weil die Löschwitzer Wehr sofort mit ihrer Spritze zur Stelle war, konnte verhindert werden, dass das Feuer auf die umliegenden Höfe übergriff. Vermutet wurde, dass spielende Kinder das Unglück verursacht hatten – eine kleine Unachtsamkeit mit verheerenden Folgen.

Sieben Jahre später, in der Nacht vom 6. auf den 7. November 1925, wurde der Hof der Witwe Hoven in Birkhof ein Raub der Flammen. Innerhalb kürzester Zeit stand der gesamte Stadel in hellen Flammen, das eingelagerte Getreide und Heu war verloren. Der Schaden belief sich auf die damals unvorstellbare Summe von 30.000 Mark. Besonders tragisch: Erst zwei Jahre zuvor hatte Frau Hoven schon Mühle und Schneidsäge durch ein Feuer verloren. Diesmal geriet sogar eine Person unter Verdacht, den Brand gelegt zu haben, und wurde ins Gefängnis nach Kemnath eingeliefert.

Noch verheerender waren die Ereignisse am 16. September 1926 in Senkendorf. Dort griff ein Brand, vom Wind angefacht, innerhalb einer halben Stunde von der Mühle auf weitere Gebäude über. Wohnhaus, Mühlenanbau, Stadeln und Schupfen wurden vollständig zerstört, und auch das Nachbaranwesen des Ökonomen Ott ging in Flammen auf. Nur weil mehr als ein Dutzend Wehren aus der ganzen Umgebung – von Burkhardsreuth über Kemnath bis Unterbruck – im Eiltempo herbeieilten, konnte das Feuer gestoppt werden. Selbst hohe Beamte wie Bezirksoberamtmann Dr. Seefried und Bezirksbrandinspektor Meßner machten sich vor Ort ein Bild der Lage. Der Einsatz zeigt, wie engmaschig das Netz der Feuerwehren damals schon war und wie unverzichtbar die gegenseitige Hilfe.

Manchmal kam es aber auch zu kuriosen Zwischenfällen. So wurde die Löschwitzer Wehr am 25. Februar 1927 nach Atzmannsberg gerufen. In der Nacht eilten die Männer mit Geräten los, nur um feststellen zu müssen, dass kein Haus, sondern lediglich eine Haselnussstaude in Flammen stand. Der „Fehlalarm“ sorgte für Spott in der Bevölkerung – und für ein Kopfschütteln bei den erschöpften Feuerwehrleuten, die mitten in der Nacht aufgebrochen waren.

Andere Einsätze dagegen waren brandgefährlich: Am 3. Juni 1927 in Reuth bei Kastl schlug der Blitz in das Wohnhaus von Ludwig Roß ein. Innerhalb weniger Minuten stand das gesamte Anwesen lichterloh in Flammen. Von den Habseligkeiten der Familie konnte fast nichts gerettet werden – ein Schicksal, das in der Region viele traf.

Besonders dramatisch wurde es im Oktober 1928 in Kastl: Ein nächtlicher Brand erfasste zunächst den Stallboden des Landwirts Baumann und griff dann in Windeseile auf das Nachbaranwesen von Georg Weber über. Beide Häuser brannten bis auf die Grundmauern nieder. Nur durch das rasche Eingreifen vieler Feuerwehren und die Windstille konnte verhindert werden, dass ganz Kastl in Schutt und Asche gelegt wurde. „Wäre nur ein Funke weitergetragen worden, Kastl hätte so ausgesehen wie der zerstörte Marktflecken Luhe“, hieß es damals warnend in den Zeitungen.

Diese historischen Brände machen exemplarisch deutlich, wie hart der Kampf gegen das „rasende Element“ war. Ohne Motorpumpen, ohne Atemschutz, ja oft sogar ohne richtige Schutzkleidung standen die Männer Schulter an Schulter, pumpten unermüdlich an den Handdruckspritzen und kämpften mit bloßen Händen und einfachsten Mitteln gegen die Flammen. Es war eine Zeit, in der jedes Dorf dankbar war, wenn es eine eigene Feuerwehr besaß – und wenn diese beherzt zupackte, sobald der Feuerruf ertönte.

Zwischen Einsatz und Geselligkeit

Trotz der Gefahren war die Feuerwehr nie nur im Ernstfall aktiv. Schon immer gehörten Feste, Kameradschaftsabende und Ausflüge dazu. „Die Feuerwehr war und ist ein Stück Dorfleben. Man half sich gegenseitig, im Einsatz wie im Alltag“, erinnert sich der ehemalige Kommandant Otto Ackermann.

Bayern ohne Feuerwehr? Undenkbar!

Die Feuerwehren sind in Bayern nicht mehr wegzudenken. Beim Erntedankzug in Kastl werden die Männer der Freiwilligen Feuerwehr Löschwitz eindrucksvoll zeigen, wie viel Mut und Kraft es früher brauchte, um dem „wütenden Element“ zu trotzen. „Unsere Darstellung beim Festzug ist ein Dank an die Generationen vor uns – und ein Zeichen dafür, dass Tradition und modernes Ehrenamt zusammengehören“, fasst Vorsitzende Theresa Frank zusammen.

Der historische Erntedankzug in Kastl findet am Sonntag, 14. September 2025, statt. Ein Erlebnis für die ganze Familie, bei dem Geschichte lebendig wird. Alle 

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